Unternehmen mit einem jährlichen Energieverbrauch von mehr als 2,5 GWh müssen grundsätzlich ihre Abwärmepotentiale melden. Das „Merkblatt für die Plattform für Abwärme“ legt in der Fassung vom August 2024 nun Bagatellschwellen fest und regelt Ausnahmen von der Meldepflicht. Der folgende Beitrag erläutert neue Schwellenwerte für Anlagen und Standorte und liefert Hinweise für die Umsetzung in der Praxis.
Abwärme
Energieeffizienz soll u.a. durch die stärkere Nutzung von Abwärme gesteigert werden. Abwärme „ist grundsätzlich der Teil der Wärme, der als ungewolltes Nebenprodukt in einem Prozess oder einer Anlage entsteht, dessen Zielsetzung die Erzeugung eines Produktes, die Erbringung einer Dienstleistung oder die Umwandlung von Energie ist.“
Die Plattform für Abwärme soll eine Übersicht über gewerbliche Abwärmepotentiale in Deutschland liefern und Abwärme nutzbar machen. Grundlage dafür ist seit 18.11.2023 § 17 Energieeffizienzgesetz (EnEfG). Die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat die öffentliche Plattform eingerichtet. Dort melden Unternehmen ihre Abwärmedaten.
Wer ist betroffen?
Grundsätzlich müssen nach § 17 Abs. 1 EnEfG Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh im Durchschnitt der letzten drei Kalenderjahre ihre Abwärmepotentiale melden. Als Unternehmen gilt dabei jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig von ihrer Rechtsform. Keine Pflicht zur Übermittlung besteht dagegen, wenn die interne oder externe Nutzung der Abwärme bereits vollständig vertraglich zugesichert ist oder sich im Bau befindet sowie für kerntechnische Anlagen nach AtomG.
Abwärmepotential wird definiert als „Abwärme aus einer oder mehreren Abwärmequelle(n), die durch ein Medium lokal begrenzt diffus oder (zusammen) geführt und ohne Nutzung der enthaltenen Energie … an die Umwelt abgegeben wird.
Bagatellschwellen für Anlagen und Standorte
Das „Merkblatt für die Plattform für Abwärme“ wird laufend aktualisiert und legt nun Bagatellschwellen für Anlagen und Standorte fest. Bei Unterschreiten der Schwellenwerte besteht keine Meldepflicht (s. Tab. 1). Dabei ist ein Standort definiert als „ein räumlich zusammenhängendes, abgegrenztes und in sich geschlossenes Betriebsgelände … .“
Jeweils bezogen auf das letzte vollständige Kalenderjahr oder die letzten 12 Monate | Schwellenwerte | Definition | Meldepflicht? |
Anlagenschwelle (Kap. 3.2.) Je Anlage | < 200 MWh pro Jahr ODER < 1500 Betriebsstunden im Jahr ODER Abwärmetemperatur < 25°C im Jahresdurchschnitt | keine wesentliche Abwärmemenge | nein |
Standortschwelle (Kap. 3.3.) Summe der Abwärmemengen der Abwärmepotentiale am Standort | < 800 MWh pro Jahr | nicht wesentlich | nein |
Beispiele und Hinweise
Abschätzung der Abwärmemenge
200 MWh/a entsprechen
- bei elektrischen Prozessen bei einem Verhältnis gefasster Abwärme zu elektrischer Nennleistung von 90 % und 1.500 Vollbetriebsstunden einer elektrischen Nennleistung von 148 kW.
- bei Verbrennungsprozessen (Prozesswärme/ Heizungsanlagen) bei einem Nutzungsgrad von 85 % und 1.500 Vollbetriebsstunden einer Feuerungswärmeleistung von 889 kW.
Abwärme aus mehreren Anlagen, die in einem abwärmeführenden Medium zusammengeführt wird, ist als Abwärme aus einer Anlage zu betrachten (Beispiele s. Abbildungen in Kap. 3.2 des Merkblatts für die Plattform für Abwärme).
Eine genutzte Abwärmequelle und daher kein Abwärmepotential liegt vor, wenn die an einer Abwärmequelle entstehende Abwärmemenge soweit unternehmensintern oder durch einen externen Dritten energetisch genutzt wird, dass die restliche Abwärmemenge unterhalb der Anlagenschwelle liegt.
Gesamtenergieverbrauch ermitteln bzw. schätzen
Da zu meldende Daten nicht immer vollständig gemessen werden können, sind Schätzungen bzw. Modellierungen von Werten auf der Plattform für Abwärme grundsätzlich erlaubt, sie müssen plausibel und nachvollziehbar sowie für Dritte nachvollziehbar dokumentiert sein. Das „Merkblatt zur Ermittlung des Gesamtendenergieverbrauchs“ (BAFA) liefert nützliche Informationen.
Weitere Ausnahmen und Sonderfälle u.a. für verbundene Unternehmen, Industrieparks mit gemeinsamen Abwärmeströmen, Mietverhältnissen, Firmen- bzw. Standortschließungen erläutert Kap.7 des Merkblatts.
Was muss gemeldet werden?
§ 17 Abs. 1 EnEfG legt fest, welche Informationen grundsätzlich übermittelt werden müssen. Sog. Leermeldungen über
- Abwärmequellen, die die Anlagenschwelle nicht überschreiten,
- Standorte, an denen die Standortschwelle nicht überschritten wird sowie
- Unternehmen, die an keinem Standort die Standortschwelle überschreiten,
sind dagegen nicht erforderlich.
Fristen und Bußgelder
Grundsätzlich müssen Unternehmen die Informationen bis spätestens 31. März eines Kalenderjahres übermitteln bzw. bestätigen. Die ursprüngliche Frist wurde für zwölf Monate ausgesetzt, die erste Meldung ist bis zum 01.01.2025 möglich, bis dahin werden keine Bußgelder erhoben. Änderungen müssen Unternehmen dagegen unverzüglich melden. Bei Ordnungswidrigkeiten drohen Geldbußen von bis zu 50.000 Euro.
Das müssen Unternehmen tun
Zunächst müssen Unternehmen ermitteln, ob sie betroffen sind, ganz einfach geht’s mit dem Prüfpfad der Meldepflicht gem. Kap. 3.3 des Merkblatts. Abwärmepotentiale müssen dann identifiziert und über die Plattform für Abwärme gemeldet werden. Änderungen im Energierecht müssen kontinuierlich ermittelt und erforderliche Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt werden.
Fazit
Das Energierecht liefert die Grundlage für mehr Energieeffizienz. Unternehmen müssen geltende Pflichten ermitteln und geeignete Maßnahmen ergreifen. Mit der Plattform für Abwärme können Wärmeproduzenten und -abnehmer zusammengebracht werden, zum Nutzen für Beteiligte und Klimaschutz. Geeignete Software sowie Energie- und Umweltmanagementsysteme erleichtern die Arbeit.
Mehr Informationen finden Interessierte hier